DIE ERZÄHLZEIT

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Als die traditionellen Verlage noch den Markt bestimmten, galt Imperfekt (Vergangenheit, "er ging") in den "ungeschriebenen Gesetzen der Literatur" als die einzig wahre Romansprache. Heute kann man auch Präsens (Gegenwart, "er geht") wählen, ohne gleich schief angesehen zu werden. (Eine Bemerkung trägt es Ihnen aber meistens dennoch ein.)

Als Vorteile des Präsens kann man die unmittelbare Konfrontation des Lesers mit der Handlung und die Benutzung von Imperfekt für Rückblenden ansehen, wodurch das Problem des "hässlichen Plusquamperfekts" (Vorvergangenheit, "er war gegangen") entfällt. Der große Nachteil ist, dass der durchschnittliche Leser regelrecht auf Imperfekt "getrimmt" ist, da die meisten Romane nun mal im Imperfekt geschrieben sind bzw. werden. Präsens wird dadurch schnell als störend empfunden und wird in Rezensionen auch oft als Begründung angeführt, warum die Geschichte nicht gefallen hat. (Es hat damit überhaupt nichts zu tun, ist eher eine Ausrede, aber es wird dennoch wie ein Makel klingen.)

Wählen Sie daher lieber Imperfekt. Sie erzielen dadurch einen besseren Fluss, zumal Präsens hier und da in der Tat ein bisschen "stockig" wirkt.

Der einzige Nachteil des Imperfekts ist die erzwungene Verwendung von Plusquamperfekt für Handlungen, die vor der eigentlichen Handlung stattgefunden haben. Doch zum einen ist es eine Mär, dass der häufige Gebrauch von Plusquamperfekt "hässlich" ist. Richtig eingebunden wirkt es ganz natürlich und stört beim Lesen kein Stück.

Zum anderen kann man Rückblenden durch eine gute Planung des Plots vermeiden, sodass man nur hier und da mal einen Satz im Plusquamperfekt stehen hat. Drittens gibt es eine Reihe von Tricks, allzu häufiges Plusquamperfekt zu vermeiden.
So kann man etwa eine etwas längere Rückblende mit Plusquamperfekt ein- und ausleiten, schreibt dazwischen aber im Imperfekt.
Ist die Rückblende kürzer, kann man versuchen, sie mit der aktuellen Handlung zu verbinden. z. B. "Früher hatte sie das immer langweilig gefunden, heute machte es ihr großen Spaß."



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